Korruptionsskandal im Augsburger Rathaus – Paul Hector Mair überführt

UKS Redaktionsbeitrag 02/2023

42 Jahre diente Paul Hector Mair im allerbesten Ruf in der Stadtverwaltung. Er war im Schatzamt tätig. Zuletzt fiel alles auf. – Es war Dezember, als der Rat entdeckte, dass Mair über die vielen Dienstjahre gewaltige Summen Geldes vom Stadtsäckel abgezweigt hatte. Dafür wurde er am 10. Dezember hingerichtet.

Man schrieb das Jahr 1579. Zwischen 32 und 40 Tausend Gulden fehlten in den städtischen Büchern. Die Stadt inventarisierte sämtliches Gut bei Mair und suchte mit dessen Veräußerung einiges an Geld in die Kämmerei zurückzuführen. Augsburg war freie und Reichsstadt. Sie hatte Wort und Stimme bei den Reichstagen. Der Bayerische Krieg war längst vorbei (1459 – 1463) und die Schlachten bei Seckenheim und Giengen an der Brenz (aus der entwickelte sich wohl die Legende von den Sieben Schwaben, aber das ist eine andere Geschichte) geschlagen. Auch die Kriege, die Augsburg im Schwäbischen Städtebund seit 1331 an der Seite Ulms, Reutlingens und Heilbronns (später u.a. mit Biberach, Konstanz, Lindau, Memmingen, Ravensburg, Reutlingen, Sankt Gallen, Ulm und Wangen) geschlagen hatte, endeten  am 5. Mai 1389 mit dem Ende dieses Bundes.

Heute bezeichnet sich Augsburg, aktuell am Rathaus mit einer ukrainischen Fahne versehen, als Friedensstadt. Manche erinnern sich, dass dies aus dem Religionsfrieden hergeleitet wird. Der eingangs bezeichnete Vorgang erinnert aber daran, dass Augsburg eine beachtliche eigenständische kriegerische Vergangenheit hat. Im besagten Schwäbischen Städtebund stellte die Stadt wegen der Abgaben und eingetretenen Verschuldung eigene Heerhaufen nebst Bewaffnung und Trossaufgebot auf.

Der letzte berühmte Waffenschmid Augsburgs war denn auch ein gewisser Anton Pfeffenhauser, der sich nach den Inventaren aus den konfiszierten Sammlungen Mairs bediente. Neben Kriegsgerät hatte Mair auch eine wertvolle Büchersammlung angehäuft – im Schwerpunkt sogenannte Fechtbücher. Er war zwar ein wegen eigener Korruption gescheiterter  Finanzbeamter. Aber Mair war ein weit gerühmter Fechtmeister. Dafür wurde er von Kaisern und Johann Jakop Fugger wertgeschätzt. Er stellte Schriften zusammen, in derer einer er für die Augsburger Bürger die Ritterschaft reklamierte.

Abb.: Aus dem Fecht-, Ring- und Turnierbuch. Mitte 16. Jahrhundert; Paul Hector Mair, auch Paulus, (* 1517 in Augsburg; † 10. Dezember 1579) war Ratsdiener der Stadt Augsburg, ab 1541 auch Stadtkassierer und ab 1545 auch Proviantmeister.

Mit seiner Schriftenarbeit befand sich Mair in bester Gesellschaft sogar mit Albrecht Dürer, der sich auch an Fechtbüchern und deren Illustration meisterlich versuchte. Ja, die aufkeimende Renaissancestadt war das Herz einer Bewegung europäischer Spezialliteratur, die man heute wohl als European Martial Arts bezeichnen müsste. Die Schriften werden sogar als „Augsburg Group“ zusammengefasst.

In der Stadt verband sich wohl das Selbstbewusstsein einer Reichsstadt mit den militärischen Traditionen der vergangenen zwei Jahrhunderte, in denen Augsburger das Kriegshandwerk auf eigene Rechnung und Risiken mal mehr mal weniger erfolgreich ausübten. Das Wissen um Kampfkünste war jedoch noch frisch und vorhanden. Es verteilte sich mit den Schriften u.a. Mairs und Dürers über Italien nach Spanien und Frankreich und auch nach England. Von diesen Ländern gelangte es in die damaligen Kolonien. Vom Ringen mit Händen und Füßen, über die Benutzung von Stöcken zum Umgang mit Messern, Dolchen und Schwertern – zu Fuß und zu Pferd – war alles von Mair und anderen Autoren und Editoren der vorgenannten Augsburg Group zusammengestellt worden, kunstvoll illustriert und mit manchmal lustvoll reimenden Texten zum besseren Merken zusammengebracht. Pulverwaffen fehlten indes noch.

Geld und Waffen wurden dem Augsburger Finanzbeamten zum Verhängnis.
In der aktuellen Lage sollten sich nicht nur die Beamten und Funktionsträger, sondern alle Augsburger daran erinnern, dass der Frieden keinen Preis hat und Korruption und Vorteilnahmen in unheilvollen Seilschaften neben dem vielen unschuldigen Leben immer schon Kriege am Leben gehalten haben.

Wer also den Frieden wirklich will, sollte sich zu jeder Zeit gegen Korruption und Vorteilnahmen wachsam stellen, denn wir lernten aus Paul Hector Mairs Beispiel, dass – im Geiste einer wahren Friedensstadt – diese Wachsamkeit lokal stattfinden kann und auch muss.

UKS, Unternehmerkreis Schwaben
unternehmerkreis.org

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